Der neue Kumpel der Reiter
Nach diversen Tagen an denen so rein gar nix passiert ist, ich aber schon wieder nörgelige Hinweise bekommen habe, dass gefälligst was schreiben soll, wo ich doch so eine überbordendendes Menge an Zeit und langer Weile hätte, bin ich dem Ruf der Ruferin gefolgt.
Ein redaktioneller Einschub samt dazugehöriger Definition:
Nörgeln, das: Sprachliche Gewandtheit, mit der Kritik an den Mann gebracht wird. Hauptsächlich unter Frauen verbreitet, die gerade ihre Menstruation haben. Der Mann wird dabei von ihr bis ins kleinste Detail zurecht gestutzt, auch wenn er gar nichts falsch gemacht hat. Weit verbreitet ist in Beziehungen das Nörgeln über den nicht weggebrachten Müll oder offene Zahnpastatuben. Im Nörgel-Fall widerspricht Man(n) der Frau am besten nicht. Er wartet, bis sie es selbst tut. Und das wird sie! Sobald sie ihr Unrecht erkennt, setzt sie sich schmollend in eine Ecke und redet kein Wort mehr. Und der Mann ist schuld!
Eine freundliche Leihgabe vom Spiegel.
Mehr dazu unter: http://www.spiegel.de/schulspiegel/leben/0,1518,612526,00.html
Ich habe mich in meinem Blog schon mehrfach auf die Reiter der Apokalypse (Pest, Krieg, Hungersnot und Tod) bezogen. Dies stellt, um auch das mal zu erwähnen, eine Vereinfachung der wahren Geschichte dar. Für alle, die nicht nur eine Bibel ihr Eigen nennen, sondern sie auch finden und beim Versuch sie zu bergen nicht an einer Staublunge eingehen: Offenbarung des Johannes, Buch 6, Vers 1-8.
Nun unbemerkt vom Freund Johannes hat sich noch ein weiterer Reiter auf die Erde geschlichen. Ja, ich weiß, das verblüfft. Ich sag das nun nicht, weil ich schon relativ alt bin und von mir behaupten würde: Ich war dabei! Ich habs gesehen. Nein, so ist es nicht. Und selbst wenn ich es gesehen hätte, dürfte ja mit Fug und Recht bezweifelt werden, dass ich es mir hätte merken können. Ich habe den Beweis in meinem täglichen Leben gefunden.
Wie komme ich also zu dieser Aussage?
Morgens, 8:30 Uhr. Für einige meiner Freunde ist diese Zeit bereits der Hinweis auf den Reiter. Das Telefon klingelt. Ich, verschont von Kindern und/oder Arbeit, stehe in der Regel ein klein wenig später auf. So gegen 11:00. Entsprechen gehe ich aber auch erst zwischen 03:00 und 04:00 ins Bett. Ich wache auf, schrecke hoch und stelle fest dass - ebenso als ob ich in der Badewanne liegen würde - das Telefon nicht nur nicht in Griffweite, sondern nicht mal im selben Raum ist. Ich wickle mich aus dem Bett, stolpere schlaftrunken zur Türe. Dort – schlaftrunken oder nicht – verharre ich einen Moment. Ich öffne und schaue erst ums Eck. Es könnte ja immerhin sein, dass eine meiner Untermieterinnen anwesend und wach ist. Oder gar ebenfalls auf dem Weg zum Telefon. Ich möchte als seriöser Vermieter (Ja doch… hört auf zu lachen, ihr Unsympathen) nur ungern mit einer auf halbmast wehenden Morgenlatte im Raum stehen, während Ulli oder Felicitas in ihr Nutella Brot beißen. Das sind so Szenen, die zu roten Wangen, Sprachlosigkeit und einen hohen Maß an Irritation führen können. Das vermeidet man(n) mit einem Blick ums Eck und anschließender wieselflinker Suche nach dem Telefon. Leider bedeutet all das in der Praxis, dass der Teilnehmer mit unbekannter Rufnummer schon wieder aufgelegt hat, wenn ich abhebe.
Ich lege mich wieder hin.
9:30. Telefon. Wieder ohne Nummer. Diesmal in Griffweite.
„Guten Tag, mein Name ist Olga Erkenschweder, ich rufe sie von der GSS (oder auch Premiumchance 100, Bonustipp 49, Idiotenverarsche 1000…) an. Ich will nur kurz nachfragen ob sie auch weiterhin unseren Service in Anspruch nehmen wollen. Dafür müsste ich nur kurz ihre Kontodaten abgleichen…" Neun Uhr einunddreißig. Ich spüre ein wenig Hass in mir aufwallen. Hass macht mich aber nicht unfreundlich. „Werte Dame, nur um es ganz deutlich zu sagen: Ich habe nicht vor bei ihrem Gewinnspiel mitzumachen. Ich habe dies in der Vergangenheit nicht gewollt und will es in der Zukunft auch nicht. GAR NICHT. NIE!“ „Sie wollen sich diese unglaubliche, einmalige, 100%ige Gewinnchance entgehen lassen?“ Betroffenheit und eine sehr große menschliche Enttäuschung schwingen in der Frauenstimme mit.
Nein, Freunde bitte jetzt noch mal nachlesen. Ich habe nicht gesagt: „Bitte treiben sie ihr Kind ab.“ Ich wollte nur nicht an einem Gewinnspiel teilnehmen. Da gibt es, behaupte ich frech, noch einen substantiellen Unterschied.
"Sie haben recht, ich möchte mir das entgehen lassen." Nur kein "ja" sagen. Das ist wie im Rado wenn man nicht ja, nein, weiß oder schwarz sagen darf. Das ist das eingentliche Gewinnspiel. Das schneiden die am Ende so in den Text... ihr wisst schon. Ich würde es so machen. Und behaupten ich hätte die Einwilligung zu Verpfändung von Omas Stützstrümpfen auf Band.
Dann lasse ich mir Anschrift des Unternehmens geben und bitte die Dame mich aus der Kundendatei zu löschen und mit weiteren Anrufen zu verschonen.
Mittlerweile habe eine Excel Liste mit den Firmen, denen ich gesagt habe dass keine weiteren Anrufe wünsche. Und positiv zu bemerken ist auch dass es mittlerweile nicht mehr drei bis vier Firmen täglich sind sondern nur noch ein oder zwei. Irgendwann habe ich sie alle.
Wie kommt aber ein eher unbescholtener und eher zu Vorsicht neigender Mensch wie ich in die Fänge dieser nervenzerfetzenden Glücksspielmafia?
Nun diese Antwort ist einfach. Ein Moment der Schwäche, der Gier und der Dummheit.
Dezember 2008. Ring… „Burger“. „Guten Tag Herr Burger, Frau „Ichverarschesiegleichrichtig“ von der „IchhabeeinenDeppengefunden AG“. Sie haben 1000 Euro gewonnen.“ „Sie meinen sicher ich habe die Chance 1000 Euro zu gewinnen, wenn ich…“. „Nein sie haben schon gewonnen. Wir wollen das Geld nur noch überweisen. Dazu müssten wir nur ihre Kontonummer überprüfen.“ Sie liest meine Kontonummer vor. „Na dann überweisen sie einfach.“ „Ja, wir würden von den 1000 Euro dann einfach die 36 Euro Gebühr abziehen und ihnen den Rest, 966 Euro, überweisen.“ „Fein“.
Nun die 36 Euro wurden zwar abgebucht, die 1000 aber nicht überwiesen. Habt ihr euch gedacht oder... Jaja. Ihr seid alle so toll.
Dafür wurden aber meine Daten jedem anderen Irren, der in der Lage ist einen Telefonhörer unfallfrei zum Mund zu führen zur Verfügung gestellt. Und das mit dem unfallfrei ist zweifelsfrei eine höchst optimistische Unterstellung. Für diese weihnachtliche Dummheit werde ich nun mit Anrufen belästigt die selbst meine Duldsamkeit auf eine harte Probe stellen.
Dies werte Leserschaft ist der - bis zur Erfindung des Callcenters und der Warteschlange geschickt wartende Reiter. Nun da seine Kollegen ihr Werk in den weniger industrialisierten Ländern vollbringen, ist er die fünfte Geißel der westlichen Zivilisation. Und meine ganz persönliche. Die Sau.