Sonntag, August 22, 2010

Es lebt.

Aktuell pendle ich zwischen einer Baustelle bei einem Freund und meinem Lieblingselektronikmarkt. Das ist eine ziemliche Bandbreite. Hier Wände und Türrahmen schleifen, im Markt sich mit Kunden herum schlagen. Aktuell hat mich in meiner Freizeit das Geo-Cachen böse erwischt. Für alle, die näheres wissen wollen, da gibt’s ein nettes Intro auf der Seite www.geocaching.com . In der Summe führt das allerdings dazu, dass ich sehr viel weniger Zeit vorm Rechner verbringe als früher und mich mehr im Freien auf der Suche nach kleinen Tupperdöschen mit fragwürdigem Inhalt befinde. Das führt dann zu teilweise sehr befremdlichen Situationen, da die Döschen sich gerne mal an sogenannten „Lost Places“, wie stillgelegten Bahnhöfen oder Industriebrachen befinden, gelegentlich mitten in der Stadt an belebten (touristischen) Plätzen oder einfach nur im Wald oder landschaftlich schönen Ecken. Kürzlich war ich mit zwei Freunden unterwegs, zu einem dieser Lost Places. Ein verfallener Bungalow (ne ehemalige Werkstatt?) mit 3 angebauten Garagen an einer stillgelegten Bahnlinie. An sich so in der Dämmerung bereits ein wenig unheimlich. Wir quetschen uns durch eine Lücke im Zaun, suchen den Cache und finden zunächst nur einen Hinweis mit ner Richtungs- und Entfernungsangabe. Wir also über das verlassene Grundstück da hin, durch Brennesseln und Brombeersträucher und siehe da, nach kurzer Suche an einen im Gestrüpp verborgenen Bahn-Prellbock eine Tupperdose gefunden. Wir wollten uns grade ins darin liegende Logbuch eintragen, als H. meint, da wären Stimmen. Wir verharren. Stimmen werden lauter. Dann sehen wir die Urheber der Stimmen. Zunächst vermutet man ja Gleisarbeiter oder so was, auch wenn das nicht unbedingt Sinn bei einer stillgelegten Bahnlinie macht. Wir kauern also mittelunauffällig an unserem Prellbock und schauen zu den Gleisen in 5 Metern Entfernung. Keine Bahnarbeiter. Drei, eher verwegen aussehende Südosteuropäer, die uns kritisch mustern. Wir sind erstaunt. Dafür dass es hier ein Lost Place ist, ganz schön Betrieb... Den dreien folgt dann ein einzelner, der dafür mit einem nicht gänzlich freundlich wirkenden Hund. Zwei durchaus ansehnliche junge Frauen folgen. Wir vermuten einen heimlichen Pornodreh auf den Bahngleisen. Eine ältere, weniger attraktive Frau folgt. Ich mag mir den Porno nicht weiter vorstellen und hoffe, die Frau spielt keine aktive Rolle in der Produktion. Eine weitere noch ältere, dickere, hässlichere Frau folgt. Der Gedanke an einen Pornodreh schwindet. Mittlerweile sind wir, obschon entdeckt, immer noch kauernd, mehr als erstaunt. Dass verlassene Bahngleise dem Anschein nach von obskur aussehenden Südosteuropäern als lohnende Wanderumgebung erachtet werden, verwundert uns doch. Dann noch ein dicker alter Mann. Wir beginnen uns Sorgen zu machen. Immerhin haben wir doch das ein oder andere an verkaufbarem technischen Gerät am Mann. Am Ende machen die Herrschaften da was mäßig Legales und fühlen sich von uns gestört... Und wer weiß, was dann passiert. Der Ausflug der anderen endet unweit von uns. Kurz drauf wandern sie wieder zurück. Und beobachten uns erneut. Sehr irritierend das Ganze. Wir gehen kurz nach ihnen auch. Durch das verlassene Grundstück. Und sehen, dass die Herren und Damen sich offenbar in den verfallenen Garagen wohnen. Äh, hausen. Wohnen ist für drei Stühle, nen Tisch und einer Liege angesichts einer Garagenruine eventuell etwas geschmeichelt. Wir unter den aufmerksamen Blicken der Behauser den „Garten“ durchquert und schnell zum Auto gegangen. Dann erst mal durchgeschnauft. Vermutlich sind die alle ganz legal da und gehen auch alle ganz ehrlicher Arbeit nach. Vermutlich haben wir uns vollkommen umsonst gesorgt.

Wobei die Seltsamen durchaus auch im Elektromarkt aufschlagen. Ein Dialog, praktisch ein Livemitschnitt, unverändert. Der Kunde, ca 40 Jahre, groß, Hemd, ordentlich gekleidet steht vor einen Pioneeranlage. Ein 2.1 System. - Kurzer redaktioneller Einschub: Diese zahlen bezeichnen die Anzahl der Lautsprecher und Subwoofer (Bassbox) Sprich, hier 2 Lautsprecher und ein Subwoofer. Demzufolge ist 5.1 fünf Lautsprecher und ein Sub, 7.2 sieben Lautsprecher und zwei Subs. Ansonsten darf man noch wissen dass bei 5.1 oder 7.1 die Kinoton Wiedergabe besser ist als bei 2.1 Systemen. Einschub beendet. - Der Kunde fragt, ob man denn damit ordentlich hören könne. Ich erkläre das System kurz und spiele Musik vor. Dann weise ich noch auf die I-Pod Dockingstation hin. Er schaut das Dock lange an und meint dann: „Ach, da kann ich dann einen Computer anschließen!“ Ich: „Nein, einen I-Pod oder ein I-Phone. Das wird dann auch geladen.“ Er: Ah, ein Telefon. Dann kann ich mit der Anlage auch telefonieren?“ Ich bin redlich irritiert. „Nein, sie telefonieren natürlich mit den Telefon und nicht über die Anlage. Der Anschluss dient dazu Medieninhalte über die Anlage wiederzugeben.“ Er:“???“ Ich: “Um Mp3 Dateien abzuspielen.“ Er: “???“ Ich: Um Musik von einem Mp3 Spieler wie dem I-Pod oder I-Phone wiederzugeben.“ Ich verzweifle allmählich. Er: “Hmmm, ach ich glaub das is ja nix für mich.“ Geht. Ich steh da und habe den ersten Kunden getroffen der etwa mein Alter hat und dem der Begriff I-Phone offenbar gar nichts sagt. Wo der wohl lebt? Weit hinten in Mecklenburg? Da wo es finster ist? Ich fass es immer noch nicht.

Ich bin des weiteren bei meiner Bahn-Lektüre (Zeit) auf einige interessante Hintergrundinformationen gestoßen. Zu Beispiel dachte ich bis dato, das Nürnberger Stadion (ehemals Frankenstadion) welches unter der Bezeichnung EasyCredit-Stadion leiden muss wäre der Abgrund an dumm-dreister Namensgebung. Ha! Weit gefehlt! Ich bin durchaus der Meinung unsere Freunde aus der westlichen Vorstadt (Fürth) haben aktuell Platz 2 im Bereich der dummen Stadionnamen. Playmobil Stadion war ja schon eher mau, aber der neue Name „Trolli Arena“ ist ja mal fast das schlimmste vorstellbare. Fürth halt. Das wird in meinen Augen nur noch vom Duisburger Stadion übertrumpft. „Schauinsland-Reisen-Arena“. Ja sagt mal, geht’s noch? Das ist doch mal der absolute Tiefpunkt an Namensgebung. Grothenburg Kampfbahn (Ürdingen) so muss ein Stadion heißen. Nicht so ein Mumpitz wie heutzutage.

Sonst bin ich noch über einige interessante Steuern die regional eingeführt wurden gestolpert. Stuttgart hat zum Beispiel eine Waffensteuer eingeführt. Finde ich ja nicht unsinnig. Allerdings hat man gleichzeitig einige Ausnahmen von der Steuer beschlossen. Förster, Jäger (sofern sie nur 1-2 Waffen besitzen) und Sportschützen sind ausgenommen. Toll wir haben also eine Randgruppensteuer. Das dürfte dann nur Killer, Bankräuber und andere Ganoven betreffen. Na die werden sich freuen. Hurra! Stuttgart wird im Geld schwimmen.

Weiterhin schlägt ein Wirtschaftsforscher vor, statt der Kirchensteuer eine Ethiksteuer einzuführen. Die müssten dann wieder alle bezahlen. Auch wenn ich zutiefst unethisch wäre. Der Nichtbesitz eines Radios wird mir gegen die neue Rundfunksteuer ja auch nicht helfen. Auch Stuttgarter Ganoven wären dann Ethiksteuer pflichtig. Das rockt. Diverse Steuern sind übrigens auch gescheitert. Also in Eutin wurde eine – ja wirklich – Kriegsspielzeugsteuer eingeführt. Was ist passiert? Es gibt in Eutin kein einziges Kriegsspielzeug mehr. Ebenso wie in Bruchhagen nach der Einführung einer Kampfhundesteuer keine Kampfhunde mehr gibt. Dafür aber tierärztlich bestätigte Pudel mit ungewöhnlichem Äußeren. Schick fand ich auch die Besteuerung sexueller Dienstleistungen. Oberhausen verlangt pauschal 6 € am Tag. Tönisvorst 2 € pro 10 qm Raum in dem die Dienstleistung stattfindet. Bei Dienstleistungen im Freien sinkt die Steuer übrigens auf 60ct je 10 qm. Da wird ja nicht geheizt und so das Klima geschont. Meinen Respekt nach Tönisvorst. Umweltpolitik mit Augenmaß.

Ach, was mir da so am Rande noch einfällt. Bei all dem Gezäppel um Google-Street-View noch einfällt. Die meisten Nutzer des Dienstes (prozentual, wenn ich mich recht entsinne) kommen laut Google übrigens aus Deutschland.

Danke fürs Gespräch.