Donnerstag, Mai 07, 2009

Nein, ich würde es nicht verleihen. Ist ja auch eine Frage des Stils

Unerschrocken habe ich mich wieder mit dem Internet und auch mit Menschen abgegeben. Und erneut bin ich auf wunderliches gestoßen.

In der Süddeutschen in der Rubrik „Kaufwut“ wird von Käufern über Dinge geschrieben, die ihnen nur wenig Freude bereitet haben.

Ich zitiere:

Der zweite Nasenhaarentferner, der genau wie der erste nach der dritten Nasenhaarentfernung den Geist aufgab. Und das lag sicher nicht an zu wild wuchernden Nasenhaaren.

Nun werdet ihr euch wundern, was daran witzig ist oder ob ihr den Witz nur nicht verstanden habt. Keine Sorge, das unterhaltsame ist natürlich der folgende Satz:

Der erste (Nasenhaarentferner Anm. d. Red.) taugte für kurze Zeit wenigstens noch als Milchaufschäumer.

Ahhh. Nein, da läuft es mir kalt den Rücken runter. Das ist doch unglaublich. Einer der wenigen Momente in denen ich mir sage dass meine Laktose Intoleranz doch ihre guten Seiten hat.

Was mir auf kindliche Weise auch gefallen hat:

... und dann war da noch der batteriebetriebene Mini-Tisch-Ventilator, der sich selbst vom Tisch bläst, wenn man ihn nicht festklebt.

Ich muss nun aber noch mal auf den Nasenhaarentferner zurückkommen. Und mit diesem verbunden zu der Thematik des Verleihens.

Ich für meinen Teil bin ja ein großer Verleiher. Bücher, Cds, ich verleihe gerne Dinge, die ich dann oftmals lange nicht wieder sehe. Oder nie wieder sehe. Im Fall von Büchern ist das nicht weiter schlimm, schafft es doch Platz um neue zu kaufen.

Interessant ist, was Freunde so vermuten, was sie sich von mir ausleihen können. ,

Letzthin klingelt das Telefon, ein Freund am Apparat.

Einleitendes Blabla, dann die Frage. „Sag mal Du hast doch sicher Handschellen. Könntest Du mir die mal leihen?“

Holla! Ich gestehe, ich war im ersten Moment ein wenig erstaunt. Also ich bin ja nicht unbedingt für ein übertriebenes Maß an Prüderie bekannt, aber mir wäre es peinlich gewesen zu fragen. Bei Licht besehen hatte der Freund natürlich nicht gänzlich unrecht mit seiner Frage. Selbstverständlich habe ich Handschellen. Nein, nicht diese rosa Plüsch Dinger oder die billigen aus den Import-Export-Shop, die dann zur Unzeit klemmen und den Einsatz eines Handwerkers oder gar der Feuerwehr erfordern.

Was tut man also? Ein gut sortierter Haushalt wie der meine fragt dann einfach noch mal nach: „Möchtest Du richtige Handschellen, Fußschellen oder lieber Daumenschellen?“ Schweigen… Räuspern… Nachdenken. Deutlich hörbares Nachdenken. „Alles?“ Respekt! Nahezu meine komplette Stahlausrüstung ist aktuell zu mir unbekannten Zwecken in den Händen eines Freundes… Sowas. Muss ich jetzt neidisch sein?

Nun gibt es aber auch Dinge die ich mir eher ungern leihen würde, ebenso welche, die ich schwerlich verleihen würde.

Ihr erinnert euch noch an Anna, die Dame, die sich von „Mein blonder Engel, ich will mit dir ficken“ umgarnen ließ?

Nun, ich sitze mit einigen wirklich bezaubernden Menschen (und Manu, der zumindest das Adjektiv „bezaubernd“ schwerlich für sich reklamieren kann) in einem Lokal, das sich durch einen eher fränkisch rustikalen Service ausgezeichnet hat. Das Gespräch wabert so vor sich hin, als das "Anna" Wort fällt. Mein Aufmerksamkeitspegel erhöht sich. Nicht nur mein Aufmerksamkeitspegel, sondern auch der Sprechpegel der Erzählenden. Sie beugt sich ein wenig über den Tisch: „Wisst ihr…“ fängt der Satz an und wird sofort von einem glucksenden Lachen unterbrochen. Das macht neugierig. „Wisst ihr was Anna gemacht hat?“ Schon herrscht Aufmerksamkeit. „Anna hat (hier sollte der Name einer Kollegin von Anna stehen, der mir entfallen ist) ihren Vibrator geliehen.“ Große Augen am Tisch. Insbesondere bei den Damen. Ich sehe die fast schon panische Frage in den Augen „Muss sie sich jetzt jedesmal nen Mann suchen wenn sie nen Höhepunkt haben will? Werden die Batterien halten. Oder auch wie kann sie nur, ich verlieh meinen Mann ja auch nicht. Oder zumindest nicht einfach so...

Also ich gestehe, ich würde mir keinen Vibrator leihen. Nennt mich weich, prüde, wie auch immer, aber ich würde mir keinen leihen. Wär mir peinlich. Den würde ich einfach kaufen.

Ich würde es aber auch im Kollegenkreis nicht erzählen, dass ich meinen Vibrator verleihe. Außer ich versuche aus meinem Tun eine Geschäftsidee zu machen.

Mein Interesse ist aber geweckt. Immerhin könnte es sich ja um einen sehr ungewöhnlichen, einen besonderen Vibrator handeln. Ne Symbian oder irgend so ein wildes japanisches Teil. Also frage ich nach. Die Erzählerin überlegt kurz, und meint dann: “Nö, so ein ganz normaler. Paulchen halt.“ Ich:“ Paulchen? So wie dein Auto?“ Sie: „Ja!“ Ein Vibrator namens Paulchen.

Zu dem Thema Vibrator übrigens hab ich was interessantes gefunden.

http://www.gizmodo.de/2009/05/04/der-steampunk-vibrator.html

Dampfbetriebender Vibrator. Hat aber den Nachteil, dass er heiß wird. Naja, wen wunderts. dampfbetrieben halt.

Also mal ernsthaft. Abgesehen davon dass ich meinen Vibrator nicht verleihe, dass ich im Kollegenkreis darüber nicht spreche, gebe ich ihm auch keinen Namen. Und schon gar keinen wie Paulchen. Vibratoren, die so heißen wie Autos… Oh Mann.

Oder habe ich da eventuell eine Außenseitermeinung?

Ich rufe nun auch meine Leserinnen nicht auf zu beichten, ob sie ihre Vibratoren – und ich bin mir ziemlich sicher, dass fast alle einen haben – mit seltsamen Namen belegen. Aber ich finde das schon seltsam. Aber was soll man von Leuten erwarten die bei Sätzen wie „Mein blonder Engel, ich will mit dir ficken“ erfreut ja sagen. Also bei Unbekannten.

Da sitz ich dann und starre meine Apfelschorle an und frage mich ob da nicht ordentlich Alkohol im Rahmen ungeklärter Gärungsprozesse entstanden ist. Oder ob das alles nur ein böser Traum ist.

Leben ist schon was seltsames.